Ein buntes Treiben empfängt mich. Noch weiß niemand, wer ich bin und was ich hier will. Ich frage, ob ich mich mal umschauen darf, und werde sofort willkommen geheißen. Die Hochbeete fallen mir als erstes ins Auge. Schilder sind daran angebracht mit Familiennamen. Klingen irgendwie nicht vertraut. Müssen fremdländische Namen sein. Über die Hochbeete gebeugt einige Männer und Frauen. Da wird Salat geerntet, Wildkraut weggezupft, werden Blätter gereinigt.
Der kleine zweijährige Kavish aus Sri Lanka gießt eifrig und voller Freude mit dem Gartenschlauch. Kanteeban und Khudhur sind damit beschäftige, den Rasen zu mähen. Sabina und Saranya haben Johannesbeeren gepflückt und entstielen sie. Bassim bringt aus einer Hütte Kaffee, bietet mir gleich eine Tasse an und Kuchen.
„Hat meine Frau gebacken“, erklärt mir Kanteeban stolz. Ich probiere: total lecker. Ich fühle mich superwohl, als wäre ich schon seit Ewigkeiten hier und unter Freunden. Draußen sind beinahe 30 Grad, irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich nicht nur nehmen, sondern auch geben müsse, was natürlich niemand von mir erwartet. Also schnell auf das Fahrrad geschwungen, zum Kiosk gefahren und mit einer Papiertüte voll Eis zurück. Das erste Eis bekommt natürlich der kleine Kavish. Einen „Flutschfinger“. Den scheint er zu kennen, denn fachmännisch genießt er sofort strahlend die Köstlichkeit.
Wer denn hier der Ansprechpartner ist, will ich wissen. Alle zeigen auf einen Mann im Arbeitsanzug, der gerade Avin hilft, einen behördlichen Fragebogen auszufüllen.
„Das ist Franz Fischer“, erklärt man mir. „Zu ihm kann man mit jeder Frage kommen.“ Ich warte geduldig, bis das Fragebogenproblem gelöst ist, und stelle mich vor und mein Anliegen, für die Perspektiven über den Garten der Kulturen zu schreiben. Und ob ich Fotos machen dürfe. Alle willigen ein und bereitwillig werden meine Fragen beantwortet.
Ziel ist die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Viele Nationen treffen sich hier und im Integrationsladen. Schwerpunkt ist die Kommunikation untereinander. Es darf übrigens nur Deutsch gesprochen werden und wenn es noch so brüchig ist. Irgendwie klappt das schon. Die Idee dahinter: „Wurzeln schlagen in Werl“. Das Gelände an der Hammer Straße mit Zugang von der Tankstellenseite aus hat die Stadt zur Verfügung gestellt. Das war vor fünf Jahren. Inzwischen sind dort Hütten entstanden, ein Zelt, eine Toilette, ein Spielbereich für Kinder, Sitzgruppen, eine Küche, ein Grillplatz: Total gemütlich.
„Hier treffen wir uns, im Sommer mehrmals pro Woche. Aber unser Programm bietet durchaus mehr. Neben dem Garten helfen wir bei Behörden, Jobcentern, Krankenkasse und was sonst noch anfällt. Wir haben Deutschkurse für AnfängerInnen und Fortgeschrittene in Gruppen und im Bedarfsfall auch Einzelunterricht. Daneben gibt es auch noch einen Nähkurs. Jeder Unterricht findet kostenlos im Lerncontainer an der Overbergschule statt. Alle Arbeit wird ehrenamtlich geleistet. Die Stadt unterstützt das Projekt, sachlich aber auch in rechtlichen Fragen. Die Gruppe erhielt auch schon den Integrationspreis des Kreises Soest. Man weiß die Arbeit durchaus zu schätzen.“
Wie man sich denn finanziert, will ich wissen. Da gibt es drei Quellen, erklärt mir Franz. Da gibt es Zuschüsse vom Land für Integrationsarbeit, private Spender und den Sozialen Zirkel.
„Und wer leitet das Projekt?“ Da gibt es ein Leitungsteam, bestehend aus Einheimischen und Geflüchteten. Toll! Ich bin echt beeindruckt. Im August wird der 5. Geburtstag gefeiert. Da werde ich mich doch gleich mit einer kleinen Zaubershow einklinken.
Herzlichen Dank für Text und Bild an Otti Haupt!